𝕊𝕡𝕠𝕚𝕝𝕖𝕣𝕗𝕣𝕖𝕚𝕖 ℝ𝕖𝕫𝕖𝕟𝕤𝕚𝕠𝕟
Das hier ist kein gewöhnlicher Roman über Verlust und Kindheitstraumata. Es ist ein leises, eindringliches Buch, das lange nachhallt, ohne laut zu werden.
Die Ich-Erzählerin Marianne nimmt einen mit in eine Welt, die irgendwie entrückt und trotzdem erschreckend nah wirkt. Ihre Mutter verschwindet spurlos, als sie acht Jahre alt ist – und obwohl dieser Moment eigentlich der Anfang vom Ende sein müsste, ist er eher der Beginn einer lebenslangen Suche nach Bedeutung, nach Zusammenhängen, nach Antworten. Dabei bleibt vieles unausgesprochen, aber das ist genau die Stärke dieses Romans: Er vertraut darauf, dass man zwischen den Zeilen liest.
Was mich besonders berührt hat, ist die poetische Sprache, die nie zu dick aufträgt. Es gibt keine prahlerischen Bilder, keine erzwungenen Metaphern – eher eine schlichte Schönheit in den Beschreibungen, wie sie etwa durch den Duft von frischem Lavendel oder das Plätschern des nahen Flusses durchscheint. Diese kleinen Details, scheinbar nebensächlich, tragen viel zur melancholischen Atmosphäre bei.
Natürlich gibt es auch Stellen, an denen ich das Gefühl hatte, der Roman verliert sich ein wenig in seiner eigenen Zartheit – manche Passagen ziehen sich, andere bleiben bewusst vage, fast so, als wolle die Autorin den Leser bewusst im Nebel lassen. Das kann frustrierend sein, wenn man wie ich ein Freund klarer Auflösungen ist. Trotzdem: Diese Offenheit passt zum Thema. Erinnerung ist nun mal kein glasklarer Film, sondern eher ein Mosaik aus Licht, Schatten und Lücken.
Was Perlen für mich letztlich lesenswert macht, ist die kluge Art, wie hier über Trauer gesprochen wird – nicht als Katastrophe, sondern als Teil des Lebens, mit dem man sich irgendwie arrangieren muss. Und darüber, wie schwer es manchmal ist, sich von alten Fragen zu lösen, besonders wenn man selbst Mutter wird.
Fazit: Ein stilles, intensives Debüt mit viel Feingefühl, das mich nicht umgehauen, aber definitiv bewegt hat. Keine leichte Kost, aber genau das Richtige für ein Wochenende, an dem man mehr fühlen als verstehen will. Ein Buch, das bleibt – wie ein Lied, das man nicht mehr ganz aus dem Kopf bekommt.
Rezension von Silvana