𝕊𝕡𝕠𝕚𝕝𝕖𝕣𝕗𝕣𝕖𝕚𝕖 ℝ𝕖𝕫𝕖𝕟𝕤𝕚𝕠𝕟
Ich habe dieses Buch gelesen und es eigentlich eher verschlungen – wie ein StĂĽck Croissant, das man nicht kauen, sondern direkt auf der Zunge zergehen lassen will. Drei Sommer lang Paris ist kein klassischer Paris-Roman mit Eiffelturm und Baguette-Romantik, sondern ein sehr lebendiger, ehrlicher, fast filmisch erzählter Blick auf eine Stadt und eine junge Frau, die beide in Bewegung sind.
Ulrike – 21, neugierig, mutig bis zur Naivität – springt ohne Netz ins Leben und landet mitten in Paris, ohne Sprachkenntnisse, ohne Plan, aber mit einem unerschĂĽtterlichen Drang nach Freiheit. Ich habe sie sofort gemocht. Vielleicht, weil sie nicht diese ĂĽberzeichnete Heldin ist, sondern ein Mensch, der sich treiben lässt, mal scheitert, mal staunt, mal sich selbst verliert – und dadurch immer echter wird.
Was mich besonders beeindruckt hat, ist, wie Patricia Holland Moritz diese Zeit – den Sommer ’89, die letzten AtemzĂĽge der DDR, das vage GefĂĽhl von „etwas GroĂźem“ – in die Atmosphäre hineinschreibt, ohne dass es jemals belehrend oder pathetisch wirkt. Geschichte schwingt hier eher im Hintergrund mit wie eine alte Melodie, die man nicht mehr ganz zuordnen kann, aber sofort wiedererkennt.
Der Schreibstil ist angenehm unprätentiös – oft poetisch, aber nie ĂĽberladen. Man merkt, dass hier jemand schreibt, der viel beobachtet hat, der die Ränder der Stadt kennt, nicht nur die Postkartenmotive. Die Begegnungen, die Ulrike hat – mit anderen Auswanderern, mit Parisern, mit sich selbst – wirken so beiläufig und gleichzeitig bedeutungsvoll, dass ich mich mehr als einmal gefragt habe, wie viel davon wohl autobiografisch ist.
Was bleibt nach der LektĂĽre? Ein bisschen Wehmut. Ein bisschen Aufbruchsstimmung. Und das GefĂĽhl, dass man manchmal einfach in einen Zug steigen muss, auch wenn man das Ziel noch nicht aussprechen kann.
FĂĽr mich ein ganz besonderes Buch – leise, ehrlich, mutig und sehr nah dran am echten Leben. Ich kann es jedem empfehlen, der Lust auf eine Geschichte hat, die nicht laut daherkommt, aber lange nachhallt.
Rezension von Silvana